Wednesday, June 20, 2012

Wer eine neue Richtung einschlägt...

...findet leichter neuen Käse.
 

Das mag jetzt, auf den ersten Blick, etwas seltsam und verworren klingen. Ein Zitat aus dem Text „Die Mäusestrategie für Manager“ von Spencer Johnson. Worum geht es? Im Original lautet der Titel „Who moved my cheese?“.  Klarer wird der Inhalt dieses Büchleins auch mit der englischen Überschrift kaum.

Die Mäusestrategie erzählt vom Umgang mit Veränderung. Das kommt uns doch allen irgendwie bekannt vor. Change process statt Konsolidierung. Oder vermische ich da etwa zwei völlig unterschiedlich anzuwendende Begriffe?

Veränderungen hat es ja bekanntlich auch bei mir gegeben. Mehrfach schon: Einschneidener Art nach dem Grounding im Jahr 2001, bei unserem Wegzug nach Abu Dhabi anno 2006 und schliesslich bei der Rückkehr vor fast genau einem Jahr (19. Juni 2011). Die Wüstenspuren haben sich im Sand verloren. Vom Wind verweht, verwischt, ausgelöscht. Aber auch der Expat im Exil  ist heute kein echter Expat mehr. Durch sämtliche vier Jahreszeiten im Schweizerland gewalzt, fühle ich mich geläutert, Vieles fühlt sich wieder vertraut(er) an. Bekannt, und doch anders als vor den Jahren im Emirat. Ein Winter in der Schweiz in seiner vollen Länge, weckt Wehmut nach Sonne und Palmen. Ebenso die frühmorgendlichen Nebelschleier im September über dem Zürcher Unterland .  

Veränderung ist angesagt. Ein Kostümwechsel hinter geschlossenem Vorhang. Genau so eben, wie in der „Mäusestrategie“ beschrieben.

Das Leben ist kein schöner gerader Gang,
den wir ungehindert frei durchschreiten,
sondern ein Labyrinth aus Korridoren,
durch die wir unsern Weg zu bahnen haben,
verirrt und verwirrt und immer aufs Neue
in Sackgassen gefangen.

A.J. Cronin

Veränderungen bringen neuen Schwung, helfen uns, sich von angesetztem Lebensrost zu lösen. Damit verbunden die Chance zur Weiterentwicklung.
Ich empfehle die Mäusestrategie zur Lektüre. Eine amüsante Metapher. Wer keine Lust hat, solls einfach lassen. Ich werde es in Zukunft nämlich auch lassen; das Bloggen als Expat im Exil. Ganz einfach, weil mir der Sinn nach einer Pause und nach Veränderung steht. Vielleicht auch, weil ich Luft brauche. Vielleicht, weil ich es vorziehe, mit dem Hund über die Felder zu streifen. Mehr Natur, und, ganz wenig weniger Computer. Sechs Jahre bloggen sind vorerst genug.

Ich arbeite wieder, wie vor meiner Abu Dhabi Zeit, als Instruktor. Ausserdem gehöre ich seit wenigen Wochen jenem Team an, das für die Aus- und Weiterbildung der Piloten-Instruktoren zuständig ist. Spannend, herausfordernd. Die Einarbeitung allein nimmt ein ganzes Jahr in Anspruch.

Nff, skypointer, G! oder das TWR Mädel, der „Shooting star“ inmitten bloggender Schoggi-Piloten, werden weiter für aviatische Unterhaltung sorgen: Mit Berichten aus dem Cockpit, dem Tower, dem Crew-Bunk oder der Banane. Mit Erzählungen aus New York, Kloten, Hong Kong oder Dübendorf. Mit Geschichten eben, die ein Flieger- oder Lotsenleben schreibt.

Ich melde mich also ab. Nicht ohne für die langjährige Treue vieler unschuldiger und anfänglich ahnungsloser LeserInnen, für vielseitiges Interesse und zahlreiche aufbauende Kommentare und Feedbacks herzlich zu danken!

Bei der „Mäusestrategie“ geht es, wie bereits erwähnt, um den Umgang mit Veränderung. Oder banal ausgedrückt; was mache ich, wenn im Käselager unvermittelt der Käse ausgeht. Uns Schweizern droht zwar keine Käseknappheit, doch vor Veränderungen sind wir nicht gefeit. Und wir alle können uns die Frage nach der eigenen Strategie stellen: Schnüffel und Wusel - oder eher Grübel oder Knobel...? 

Happy reading, Happy landing und Hasta la Vista...       



Saturday, June 2, 2012

Auf den Hund gekommen

Der Eine erklärt sich solidarisch mit seinem Vierbeiner und berichtet von Mussestunden im Engadin, der Andere reisst uns mit rauchigen Cockpitgeschichten aus der Frühlingslethargie. Dann wiederum gibt es solche wie mich, die sich seit Tagen in vornehmer schreiberischer Zurückhaltung üben.

Dabei stelle ich mit Schmunzeln fest, dass sich das Erlebte ähnelt. Seit zwei Wochen gehört ein Hund zu unserer Familie. Genau genommen ist der Hund eine dreijährige Hündin. Damit hat die monatelange Suche ein Ende gefunden. Regelmässig haben Tochter Nina und ich ein Tierheim in der nahen Umgebung besucht und kleine und grössere Winsler, Beller und Kläffer Gassi geführt. Mir schien, nicht alle haben sich gleichermassen darüber gefreut. Bis uns, vor eben zwei Wochen, Luna begegnete. Die dreijährige Mischlingshündin aus Süditalien hat uns von der ersten Minute an in ihren Bann gezogen. Sie ist weiblich, allerdings mit weniger Konfliktpotenzial als andere etablierte MitgliederInnen der Familie. Sie wirkt ruhig, ausgeglichen, geduldig und friedlich wie ein Lamm. Derart friedlich, dass sie sich sogar unserer arabischen Katze unterordnet. Widerspruchslos, ohne auch nur einmal zu knurren. Und Luna bellt, wenn sie es denn einmal tut, mit unverkennbar italienischem Akzent (Wuffe, wuffe), was mich wiederum meiner Traumdestination Lugano einige Kilometer näher wähnt...
Ihr Aussehen erinnert an die Urform des Canis, vermutlich findet sich unter ihren direkten Vorfahren mindestens ein Wolf aus den Abruzzen. Ich habe den Test gemacht und mich – ähnlich wie ich dies in TV-Dokumentationen beobachtet habe – heulend auf den harten Stubenboden gekniet. Luna hat die Ohren gespitzt, den Kopf schief gehalten und mit dem Schwanz – pardon – der Rute gewedelt. Dann hat sie meine Schnauze, äh, mein Gesicht geleckt. Meines Erachtens, ein eindeutiges Zeichen. Vielleicht versuch ich’s später noch einmal. Mit Uniform. Um meine Rangfolge in der Familien- und Hundehierarchie unmissverständlich zu untermauern.



Mit dem Hund kommt auch der Rauch. Der Zusammenhang ist, wenn auch nicht offensichtlich, in der zeitlichen Abfolge korrekt.
Das Gute daran: Die Rauchentwicklung findet nicht im Cockpit statt sondern beschränkt sich auf unseren neuen Grill. In diesem Fall habe ich einen Schritt zurück getan. Back to the roots: Von der Gasflasche zur Holzkohle. Dafür in edler Edelstahl-Ausführung. 
Zugegeben, ein bisschen aus der Übung bin ich schon. Anheizen, Glut verteilen. Fleisch auflegen. Mit Gas geht alles viel einfacher. Die ersten Poulet-Schenkel präsentieren sich bereits nach der ersten Wende in russigem Schwarz. Doch ein bisschen Kredit hat jeder Anfänger verdient. Immerhin gibt’s bei den St. Galler Bratwürsten nichts mehr zu klagen. Und nach getaner Grillarbeit erlaubt mir das tolle Gerät, ein Scheit unseres Cheminéeholz-Restbestandes auf die glühende Kohle zu legen. Später noch ein Scheit, und noch eines – und wenig später schon sorgt das wild flackernde Feuer für verwegen-romantisches Terrassenambiente.

Doch bereits in wenigen Stunden wird es vorbei sein mit der Grill-Idylle. Die Kolleginnen der Crewdispo haben aus dem morgigen X bereits ein 05 gemacht: Das heisst nichts anderes, als dass ich mich von 05 Uhr in der Früh bis 17 Uhr am Abend bereit zu halten habe. Ein Anruf genügt, und ich düse los. Letzte Woche hat es mich kurzfristig nach Peking verschlagen. Für einmal in den Osten. Zehn Stunden hin und zurück, um im chinesischen Hinterhof stäbchenweise an der originalen Landesküche zu schnuppern. Die folgende Nacht war kurz, mit wenig Schlaf. Dann, unmittelbar nach drei Uhr Lokalzeit, mahnte bereits wieder der Wecker zur Arbeit.

Auch meine erneut aufgenommene Instruktionstätigkeit hinterlässt erste Spuren. Bereits wurden mir für die kommende Woche zwei Checkflüge zugeteilt, was natürlich die Flexibilität für weitere Einsätze reduziert. Aber was heute gilt, kann morgen bereits vergessen sein. Ich nehme jeden (Reserve)Tag wie er kommt. Zu Boden und in der Luft.

Das freut die Seele – die Grillgemeinde und auch den Hund!

Tuesday, May 22, 2012

18 X

Der Titel klingt wie ein Geheimcode. Wie der Anfang einer unheimlich raffinierten Geschichte mit einer unheimlich überraschenden Auflösung. Im Milieu der Verbrecher, Agenten und der schönen Frauen. Denn die gehören einfach dazu, die schönen Frauen, wenn der Story denn Erfolg beschieden sein soll. Vielleicht mehr noch als die Übeltäter und Detektive.

In Tat und Wahrheit ist alles viel einfacher. Die 18 X markieren meinen Arbeitsplan für die letzte Maiwoche und den Monat Juni. 18 Tage Reserve X, die in unseren Handbüchern unter anderem wie folgt beschrieben ist: „RESX may be changed into any other duty“.
As simple as that. Kein einziger Flugeinsatz. Nur 18 Kreuze. Bedeutungs- und charakterlos wie ein voller Kehrichtsack, unauffällig wie die graue Maus im dunklen Keller. Aufgeteilt in fünf Blöcke von je drei und vier Tagen. Verteilt über den ganzen Monat, unterbrochen durch einzelne Freitage. Freitage, die im Grunde genommen keine Freitage sind. Weil die KollegInnen der Crew-Dispo den Taktstock führen und den 18 X zum gegebenen Zeitpunkt neues Leben einhauchen werden. Die bedeutungslosen Kreuze werden dann ersetzt durch eine zeitlich definierte Reserve oder durch einen Flug. Irgendwann. Irgendwohin. Möglicherweise klingelt das Telefon erst drei Stunden vor dem Start nach Hong Kong. Vielleicht, weil ein Kollege von der Leiter gestürzt ist und sich das Schlüsselbein gebrochen hat. Vielleicht auch, weil in Südostasien ein Typhoon wütet und operationelle Konsequenzen fordert. Und letztlich erweisen sich auch technische Defekte immer wieder als fiese Spielverderber.

18 X und die Crew-Dispo werden also meinen kommenden Monatsrhythmus diktieren. Die Damen und Herren im ersten Stock des Ops bestimmen über wachen und schlafen und sie entscheiden ebenfalls, ob ich Mitte Monat, am Geburtstag meiner Frau, mit ihr anstossen kann. Dabei schlüpfen sie in – für mich – unterschiedliche Rollen. Wie im Theater: Gute Feen oder böse Hexen. Meine Teilnahme an einer, von langer Hand geplanten Museumsführung mit Freunden bleibt vorerst ungewiss. Und ich kann heute noch keine verbindliche Zusage für eine Reise Ende Juni mit dem Squashclub nach Malta machen. Der Reservemonat hat mich überrascht, auf dem linken Fuss erwischt: „Contre-pied“, würde der Sportreporter die Szene kommentieren. Wenn sich der Torhüter derart düpieren lässt, gibts ein Tor. Bei mir ist das Sozialleben für die nächsten fünf Wochen so ziemlich im Eimer.

Doch ich will nicht jammern. The future in aviation is the next 30 seconds. Long term planning is an hour and a half“. Was schere ich mich also um den nächsten Monat? Was beschäftigen mich Fragen wie: Wieviele Nächte werde ich mir im Cockpit um die Ohren schlagen? Wohin wird es mich verschlagen? In den Osten oder in den Westen? Muss ich die Winterjacke aus dem Kasten holen oder genügen T-Shirt und Shorts?

Ich weiss es ganz einfach nicht. Stay flexible. Noch sitze ich in New York. Heute Abend fliegen wir zurück in die Schweiz. Dann stehen zwei Freitage an bevor am Samstag mein erster Reserveblock beginnt.

Expect the unexpected. Ich bin bereit.

Thursday, May 10, 2012

Aufbruch

Was für ein grosses Wort!

Dabei gibt es kaum etwas Banaleres. Immer wieder brechen wir auf. Jeden Monat, jede Woche, jeden Tag. Der Aufbruch als Ende des Verweilens. Als Ende der Rast, die uns – vielleicht für wenige Minuten nur – verschnaufen lässt. Und wenn es auch nur ein Rückzug auf‘s stille Örtchen ist. Am Ende steht der Aufbruch. Oder am Anfang. Wie man es sieht. Zurück an den Schreibtisch. Zurück in den Rhythmus des Alltags.

Meine Ferien sind zu Ende. Auch dies ein Aufbruch. Auf dem Einsatzplan steht: LX086 – Montreal.
Ausgerechnet am Tag, an dem die Schweizer Eishockeyaner gegen Kanada spielen. Der Copi ist auch ein Eishockeyverrückter. Vor lauter Diskutieren über die vortägliche Partie gegen Finnland verpassen wir beinahe die Planung unseres Fluges.
Dumm gelaufen. Wenn der Brunner die Scheibe reingehauen hätte...

Hätte, wäre, würde...

Zurück zu unserem Flug. Schliesslich schreibe ich vorrangig über die Fliegerei. Ein Fliegerblog. Doch ist dem wirklich so? Die Überschrift Ein Expat im Exil lässt andere Schlüsse zu. Was für ein Blog ist es denn nun? Fliegen, Ausland, Eishockey...? Ein bisschen von allem. Bunt gemischt. 
Ich freue mich auf die Lesung am Freitagabend im Berner Oberland. In der hintersten Ecke des Diemtigtals. Doch ich hadere mit der Auswahl der Texte. Arabische Geschichten oder Ferienimpressionen aus der Oberländer Bergwelt? Aber ich schweife ab. Wie so oft. Breche auf in andere Richtungen. Aufbruch eben. Wie gehabt.

Wir planen, berechnen den Sprit, passieren die Sicherheitskontrolle und lassen uns vom Crewbus zum Flieger fahren. Nach zwei Wochen Cockpit-Abstinenz riecht alles ein bisschen mehr nach Arbeit. Meine Mailbox wurde überschwemmt mit neuen Infos, Bulletins, Weisungen. Ich benötige etwas mehr Zeit als üblich.

Unmittelbar vor dem Zünden der Triebwerke, bieten uns die Kollegen vom skyguide die Piste 32 für den Start. Wir müssen das Startgewicht neu berechnen, den Navigationscomputer mit der neuen Abflugroute füttern. Aufbruch.
Der Wechsel erhöht den Druck, da sich die Piste 32 nahe bei unserem Standplatz befindet. Die Kabinenbesatzung wird informiert. Die Ansagen laufen. Schon rollen wir los. Beinahe im Schritttempo. Der Copi und ich besprechen kurz die wichtigsten Änderungen für die Abflugverfahren. Der Tower fragt: „Swiss 86, are you ready for departure?“

Sind wir noch nicht.

„We need one more minute!“

Dann beschleunigen wir Richtung Norden. Die Räder lösen sich vom Boden. Airborne. Aufbruch.

Rund sechs Stunden später. Auf 40‘000 Fuss über Kanada. Wir nähern uns der Stadt Sept-Iles in der Provinz Québec. Das Spiel Schweiz-Kanada läuft erst seit einer Viertelstunde. Wie sind die Eisgenossen wohl gestartet?

Wir sind neugierig und so erkundige ich mich bei den Kollegen von Moncton Center, mit denen wir seit wenigen Minuten im Funkkontakt stehen.

„Moncton, are you by any chance watching the hockey game between Switzerland and Canada?”
Kurzes Schweigen. Dann antwortet eine Frauenstimme:

„No, but hold on I can find out for you…”
Bereits nach wenigen Minuten meldet sie sich wieder.

„Swiss 86, it’s one nothing for Switzerland halfway through the first period…”

Autsch – das kanadische TWR Mädel wird sich wohl in die Zunge gebissen haben bei der Vermeldung dieses Resultats. Wir jubeln im Cockpit – ob’s heute reicht?

Tut es leider nicht. Eine weitere Niederlage. Schade. Aber auf Niederlagen folgt immer ein Aufbruch. Und die WM ist noch lange nicht zu Ende. Wir lassen den Kopf nicht hängen.

Aufbruch eben. Wie gehabt!

Monday, May 7, 2012

Damit die Hose trocken bleibt...

Amerika ist ein fantastisches Ferienland. Und dieser Eröffnungssatz ist durchaus ernst gemeint. Man steigt, nach langem Flug, in den voluminösen, bequem zuhause georderten Mietwagen (allenfalls ins Wohnmobil) und braust los in in eine der vier Himmelsrichtungen. Ab in die grenzenlose Freiheit.
Über Highways und Freeways. Strassen so breit wie nirgendwo. Man wechselt die Spuren im munteren Rhythmus: Rechts, links, innen, aussen. Stets das nächste Ziel vor Augen: Ein Hotel. Eine Stadt. Vielleicht eine windige. Den nächsten Starbucks. Ein Denny’s. Einen Naturpark, ein totes Tal, einen grossen See, vielleicht auch einen salzigen, den Schlüssel im Westen, der eigentlich im Süden liegt, ein Flugmeeting, den grossen Apfel oder das Wüstenheer der einarmigen Banditen.
Ach - das Land ist riesig, die Destinationen vielfältig, die Möglichkeiten unbegrenzt. Mein Blog viel zu klein.

Wo immer wir uns bewegen, was immer wir tun – das amerikanische Sicherheitsdenken begleitet uns rund um die Uhr. Wer regelmässig über den Atlantik scheppert, weiss was ich meine. Doch es geht nicht nur um Sicherheit. Vielleicht im Grundsatz, aber nicht ausschliesslich. Möglich auch, dass ein bisschen Besserwisserei im Spiel ist. Ausser Zweifel steht, dass die Amis echte Controlfreaks sind.  

Please do, please don’t, please go, please move...
Switch on, switch off, hold on to… and make sure you...

Sie geben vor, was zu tun ist; die Verantwortlichen vom öffentlichen Verkehr, ebenso die Betreiber der Freizeit- und Themenparks. Und alle, Amerikaner wie Ausländer, lassen sich, wie die Schafe in der Herde, an- und einweisen. Geduldig. Oft schmunzelnd, selten blökend, manchmal etwas befremdet, vereinzelt mit diskretem Kopfschütteln. Wer dergestalt berieselt wird, schaltet irgendwann seine Denkmaschine ab, hört einfach nicht mehr zu. Damit verfehlt – vielleicht - die Absicht ihr Ziel. Trotzdem – ich bleibe dabei: Amerika gehört zu den Top-Feriendestinationen.

Nach einem Besuch der immer wieder bezaubernden Disney-Welten brummt einem der Schädel. Shows und Bahnen haben den Körper rotieren, den Geist staunen lassen. In keinem Land dieser Welt wird subtiler choreografiert oder mirakulöser inszeniert.
Am Abend, nach zehnstündigem Pendeln zwischen Pluto, Goofy und Screamin‘ California bringt uns die Bahn zurück zum Besucherparkplatz. Und kaum beginnen die Räder zu drehen, dröhnt eine kräftige Männerstimme aus den Lautsprechern:
Ladies and gentlemen, this train is about to depart. To make the journey as safe as possible please keep your head, arms, legs and feet inside at all times. If you have small children make sure they are properly seated.

Dann rattert das Züglein los. Nicht viel schneller als im Schritttempo.

In a few minutes we will be arriving at our parking complex. We ask you to exit the train towards the center area of the square. But before you do so, please gather all your personal belongings and make sure you leave nothing behind.

Nach kurzer Fahrt erreichen wir unser Ziel.

We are now reaching the parking area Mickey and Minnie. As the roof clearance is tight please keep your head down and watch your step when leaving the train. We thank you for visiting Disneyland and we wish you a safe return home. And please make sure you buckle up before starting the engine of your car…(Danke für den Gratistipp. Auch der Hersteller meines Mietwagens hat daran gedacht und lässt bei losem Gegurte unbarmherzig die Glocken bimmeln)

Müde und von den Eindrücken überwältigt verlasse ich – den Kopf gesenkt, die tückische Stufe im Auge behaltend – das Züglein. Der Strom der anderen Besucher hastet an mir vorbei und lässt mich ratlos und unbeweglich stehen. Nichts geht, irgendetwas fehlt. Dann – endlich – nach langem Warten, vernehme ich in der Ferne die bekannte Stimme:

…once you step on the ground start walking. Just put one foot in front of the other. Always keep your eyes up and make sure your path is free of obstacles. When approaching your car reach for the key in your pocket and unlock the doors… start the engine only after all passengers are safely seated and their belongings are properly and securely stowed in the rear. And for everybodys safety please make sure all doors are closed...

Die Stimme wird schwächer. Die Worte drohen mir zu entgleiten. Shhht – ich lausche angestrengt, wage kaum richtig zu atmen.

...and now, dear visitors, it’s time to go to bed. In order to keep the costs for public health as low as possible we recommend you carefully wash your hands and brush your teeth before going to sleep.

And – most importantly - please make sure you unzip your zipper before going for your good night pee…   


Thursday, May 3, 2012

Khaos



 ...gehört sie, die Chaotische, nicht auch zu uns? Oder hat einmal mitgetan...?
Bin gerade etwas unsicher. Irgendwie kommt mir der Name bekannt vor.

Ihr Shop in den Hallen des Hotels Mirage in Las Vegas jedenfalls wirkt äusserst edel. Keine Spur von Khaos
Damit stellt sie den Tilly und mich locker in den Schatten. Denke ich...

Tuesday, May 1, 2012

Für Insider und Goldgräber

Von Eppler’s (meiner) Bakery habe ich im letzten Beitrag berichtet. Offenbar gibt es aber noch weitere, bisher ungenannte Pilotenblogger, die sich im Westen der USA oder sonstweisswo eine berufliche Alternative aufgebaut haben.

Der Verfasser dieses Posts sichtete während seines Ferienaufenthalts - nicht ohne Staunen - entsprechende Filialen sowohl in Santa Barbara wie auch in Santa Monica (siehe Foto).

 
Und für alle, die auf den Geschmack gekommen, aber noch ohne zündende Idee sind, habe ich einen Vorschlag. Das entsprechende Modell wird unter der Sonne Kaliforniens bereits erfolgreich angewendet und dürfte bei innovativer Umsetzung und optimaler Standortwahl, in Kombination mit dem hierzulande so gern gehörten Schweizer-Akzent, rasch zu lukrativen Resultaten führen. Just give it a try!

 
Der Joke-Job ist definitiv weniger ermüdend als die Goldgräberei. Und dreckige Hände gibt's auch keine...

Sunday, April 22, 2012

Eppler's Bakery


Ein ganz gewöhnlicher Tag in der Innenstadt von San Francisco. Menschen jeden Alters und Geschlecht bummeln durch die Market Street. Die Sonne scheint, doch wie so oft sorgt ein ungastlicher Wind für nachhaltiges Frösteln.

Ein junger, gutaussehender Mann betritt ein Café. Er zögert, schaut sich neugierig um und wartet, bis sich die Chinesin hinter der Theke ihm zuwendet.

Mann: Nice place. Do I get a discount if I have the same name...?

Lady: …what do you mean? What name…?

Mann: The same name as your bakery. My name is Eppler!
Zur Bestätigung zückt er seinen Fahrausweis aus dem Geldsäckel und zeigt ihn der Dame.

Lady: (grinsend) ...oh, now I understand. Your family name is Eppler.
Sie dreht sich um und tauscht mit ihrem Kollegen an der Kaffeemaschine einige Worte in Chinesisch.

Mann: (ebenfalls grinsend) Exactly, I might actually be the owner of the place...

Lady: You will get a discount on your birthday!

Mann: But I won’t be in town that day. I live in Europe. In Switzerland.

Lady: Ok, but I can not give you discount now.

Mann: Sure...?

Lady: Yes!

Mann: Too bad. Whatever - I’ll still have a Caffe Latte and a Cannoli.

Die Lady chinesischer Abstammung schiebt dem Schweizer mit deutschem Namen im amerikanischen Kaffeehaus lächelnd den Kaffee und die italienische Schleckerei über den Tresen. 
Er bezahlt, ohne zu murren, den vollen Preis.  
 
Selbstverständlich Cash. What else.

Thursday, April 19, 2012

Än schöne Flug!

Begegnungen im Ops, dem Crewcenter am Flughafen Zürich, sind in der Regel kurz. Die einen hasten zum Briefing, andere packen nach langem Nachtflug ihre sieben Sachen zusammen und wollen möglichst schnell nach Hause ins Bett. Piloten und Cabincrew tratschen beim Einchecken an den Computer-Terminals, beim Kaffeeautomaten, in der Raucherkammer, den engen Gängen der Garderobe – nach Geschlechtern getrennt - oder in einer der zahlreichen Toiletten. Auch das gibts. Zeit für lange Gespräche bleibt kaum.

„Wohär chunsch?“

Frustrierend, wenn diese Frage vor einem Flug gestellt wird. Sehe ich wirklich dermassen abgespannt aus? Ein „Wohäre gaasch?“ wäre passender.

Wer gelandet ist hat meistens mehr Zeit, als wer geht. Doch „auf dem Sprung“ sind sie alle. Uniformen werden gegen Zivilklamotten getauscht, frische Hemden aus dem Wäschefach in übervolle Koffer gestopft. Schnell noch einen Blick in den Spiegel und in die Mailbox – nicht die elektronische – dann gehts weiter. Nicht alle haben Zeit für spontane Begegnungen. „Sorry, kei Zyt, muess is Briefing“, und husch, ist sie oder er um die Ecke verschwunden!

„Än schöne Flug!“

Immer wieder wünschen wir sie uns, die schönen Flüge. Was aber meinen wir denn überhaupt damit? Ich grüble, was wohl hinter dieser, im Ops so oft gehörten, Floskel steckt. Schliesslich sind wir ja keine Ferienreisenden, die während der nächsten Stunden in einer der drei Swiss-Klassen (am liebsten natürlich der ersten...) hinflatschen und die Beine hoch lagern dürfen. Bestenfalls wartet irgendwann die harte Pritsche im engen Crewbunk. Was also,  bitte schön, soll dieses „Än schöne Flug“ für hart arbeitende Besatzungsmitglieder....?

Wann überhaupt ist ein Flug ein schöner Flug? Was ist ausschlaggebend? Die Anzahl der Cockpitbesuche weiblicher Flight Attendants? Die Menge der gereichten Espressi? Spielt die Anzahl der Passagiere eine Rolle? Sind Flugroute, Menge der zu umfliegenden Gewittertürme, das Alter der Flugmaschine, die nette Stimme am Funk oder etwa die Tageszeit von Bedeutung? Letztere vielleicht, denn Flüge am Tag offenbaren mitunter fantastisch schöne Blicke auf die unter uns vorbeiziehende Landschaft. Allerdings ist auch ein glitzernder Sternenhimmel nicht zu verachten. Mit der Möglichkeit, beim Entdecken einer Sternschnuppe den einen oder anderen stillen Herzenswunsch ins All zu schicken.  
Wie schön macht Pünktlichkeit? Mag sein, dass schön gar nicht unbedingt schön sein muss. Vielleicht würden Begriffe wie kurz, schnell, sicher, problemlos oder unfallfrei wesentlich besser passen.

Vielleicht aber verwenden wir Floskeln, insbesondere die hier hinterfragte, ganz einfach auch aus Verlegenheit. Weil ein einfaches „Tschüss“ nicht genügt. Zu wenig, zu schroff. Dabei wäre doch weniger manchmal mehr. Oder ist es simple Gewohnheit, von der wir uns nicht lösen können. Die Frage stellt sich nicht nur in der Fliegerei. Gefloskelt wird überall und jederzeit. Wir floskeln uns durchs Leben, als hätten wir seit unserer Geburt nie etwas anderes gemacht: Bis bald, än Guete, viel Vergnüege, schlaf guet, träum süess – oder die Krönung aller Floskeln: Freut mi! 
Immer dann, wenn wir einer unbekannten Person zum ersten Mal die Hand reichen. Mit Verlaub, wars denn immer ein so ungetrübtes Vergnügen...?

Jetzt wirds heikel. Und überhaupt: zuviel der Fragen. 

Deshalb verabschiede ich mich erst einmal in die Ferien. Dahin, von wo ich gestern gekommen bin: Nach Kalifornien. Fantasielos, ich weiss. Wir freuen uns trotzdem. Die Facebook-Accounts der Kinder belegen es.
Zuerst mit dem Flieger – än schöne Flug - dann mit dem Auto – ä gueti Fahrt. Denn „ä schöni Fahrt“ ist eher unüblich. Obwohl, in Anbetracht der oben angestellten Überlegungen, wärs politisch und ethisch ebenfalls korrekt. Man könnte es gelten lassen. Wie das Siegtor der Zürcher zwei Sekunden vor Spielschluss.

Wie auch immer – schöne Ferien und bis bald!

Monday, April 16, 2012

Die grosse Schlacht am Samstagabend

Ein Expat im Exil, der bin ich ja. Im Exil, das in diesem Fall identisch ist mit meiner Heimat. Einer Heimat, mit historischen Helden, deren Popularität weit über unsere Landesgrenzen strahlt und mitunter gar den italienischen Komponisten Gioacchino Rossini bei seinem Schaffen inspiriert hat. Einer Heimat aber auch, mit sportlichen Highlights, zu denen in diesen Tagen und Wochen die aktuelle Playoff-Finalserie im Eishockey gehört.

Am Samstagabend toben die Schlachten. Gleich an zwei Schauplätzen stehen sich Helden und Krieger gegenüber. Im Opernhaus schmettert Rossinis Guillaume Tell auf holzigen Brettern seine Arien, und im nur wenige Kilometer entfernten Hallenstadion kurven die Mannen des ZSC und des SCB filigran übers Glatteis.
Franziska und ich haben unseren Opernbesuch mit Freunden von langer Hand geplant. In Anlehnung an meine Frei-Eingaben im Swiss-Wunschsystem und in Unkenntnis der Entwicklung der Playoff Finalserie. Aus diesem Grund sitze ich an diesem Wochenende eben nicht in lockerer Freizeitkleidung in „der Halle“, sondern in Anzug und Krawatte auf einem mit Samt bezogenen Holzgestühl einer Parkett-Loge des Opernhauses. In freudiger Erwartung zwar auf den Apfelschuss mit Paukenschlag, doch so ganz bin ich doch nicht bei der Sache.

Vorerst reisst mich die Ouvertüre in ihren totalen Bann. Die pompöse Eröffnung des Musikspektakes, szenisch kühn untermalt mit einem Bühnenbild aus heutiger Zeit, fährt unter die Haut. Die flinken Streicher, das schmetternde Blech und die donnernden Timpani lassen mich erschaudern. Im Hallenstadion wird derweil vor dem Puckeinwurf die Landeshymne intoniert. Auch nicht schlecht. Anders als im Opernhaus erheben sich die Zuschauer, schwenken ihre Fahnen und singen mit. Ein Umstand, der im noblen Musiksaal eher weniger geschätzt würde.
Beide Schlachten nehmen also, nach wuchtiger Eröffnung, ihren Lauf. Aug in Aug mit Tell ertappe ich mich alsbald dabei, wie die Konzentration aufs Musische nachlässt. Kaum haben sie den alten Melchthal um die Ecke gebracht, plagt mich die bange Frage, wer denn wohl ennet des Zürichbergs den besseren Start erwischt haben möge.
Die Arien lullen mich ein, ebenso das sanfte Säuseln der Streicher. Auf der Bühne sticht mir eine Toblerone-Werbung ins Auge, die Chöre holen Anlauf. Ob der Puck wohl schon ein erstes Mal im (Berner) Netz gezappelt hat...? Es dauert noch viele lange Takte bis ich vernehme, dass im Hallenstadion die Löwen innert weniger Minuten mit einer Tor-Triplette in Führung gegangen sind.
Nach zwei Akten gehts im Opernhaus in die Pause. Nicht ganz fair: Nur einmal pinkeln bei vier Akten. Beim Hockey werden bei lediglich drei Dritteln zwei Pausen geboten. Statt Bratwurst und Bier gönnt man sich im Opernhaus eher ein Cüpli, allenfalls mit Käseküchlein. Beim Gedränge vor der Theke allerdings kann ich keinen wesentlichen Unterschied zur Eishalle ausmachen. Allenfalls beim Bezahlen. Die Nötli sind nicht ganz die gleichen...

Auf mein Handy erhalte ich weiter Angaben zum Verlauf der Schlacht auf dem Eis. Dann startet für uns bereits der dritte Akt. Die Spannung steigt, denn auf dem Dorfplatz duellieren sich Tell und Gessler mit melodiösen Wortgefechten, allerdings mit minimem Körpereinsatz. Derweil die Berner mit Plüss und Rüthemann verzweifelt versuchen, die Zürcher Defensive zu durchbrechen. Statt des Gesangs behelfen sie sich dabei ihrer Kufen und Stöcke, raspeln der Bande entlang und müssen dabei den einen oder anderen kernigen Check einstecken.
Auch beim Tell spitzen sich die Ereignisse zu. Der Volksheld fuchtelt bedrohlich mit seiner feuerroten Armbrust, bevor er sie schliesslich unter den Arm klemmt und mit dem ersten Pfeil den Apfel auf des Töchterleins Kopf löchert. Richtig gelesen; die Inszenierung will modernen Ansprüchen genügen und macht aus dem Walterli ganz einfach eine Jemmy.
Die Schlachten und Angriffe hüben und drüben treiben mich beinahe in den Wahnsinn und es ist nicht nur die Hitze und der unbequeme Stuhl, die mich hin- und herrutschen lassen.

Während im Hallenstadion das letzte Drittel läuft, gehts im Opernhaus in die Overtime. Noch immer befindet sich der arme Tell in Gesslers Händen und nur dank eines vierten Akts gelingt dem Helden die Flucht. Ein begeisterndes Finale setzt dem Ringen um Freiheit und Unabhängigkeit nach dreieinhalbstündigem, erbittertem Kampf ein Ende. Als der Vorhang fällt und der Applaus losbrandet, auferstehen die Toten und alle freuen sich, Hand in Hand. Und auch im Hallenstadion haben die Krieger ihre Waffen längst abgelegt. Mit einem kleinen Unterschied allerdings: Die Tellengeschichte ist abgeschlossen. Ausgestanden. Anders bei den Kämpfern auf dem Eis. Eine weitere Schlacht ist notwendig, und es muss sich erst weisen, wer am Dienstagabend in Bern die Trophäe in die Höhe stemmen darf.

Auch dieses Gemetzel werde ich verpassen. Denn zu dieser Stunde sitze ich bereits wieder in einem Starbucks in San Francisco. Und dort kümmern sich die Menschen weder um den ZSC noch um den SCB. 
Und der Willhelm Tell ist ihnen erst recht egal...   

Thursday, April 12, 2012

Nachtrag zu den Generationen

Von den Generationen hab ich im letzten Post geschrieben. Wie sie, sanft und über lange Zeit kaum spürbar, wechseln. Damit einher geht die Art und Weise, wie alt und jung mit den Erzeugnissen der modernen Technik zugange kommt. Nicht allen ist auf Anhieb klar, wofür Tablets und Apps verwendet werden können.

Ein Müsterchen gefällig? Bitte schön...   



Bin als puritanischer Windows-User unheimlich gespannt, wie widerstandsfähig diese iPads im Hausgebrauch sind...  

Tuesday, April 10, 2012

Zeiträder

Die Nester sind geplündert. Die Eier getütscht und gegessen. Mit Ausnahme jener, die der Grossvater, in Anlehnung an verflossene Abu Dhabi-Zeiten, liebevoll mit Arabischen Elementen bemalt hat. „Zu schade zum Essen“, sind sich alle einig.  


Tatort am Sonntagabend, ausnahmsweise mit einer Fortsetzung am Ostermontag. Diese verpasse ich leider, ebenso wie die vierte Begegnung der Eishockey-Titanen von Zürich und Bern. Meine Osterfreitage dauern lediglich bis Sonntag. Am Montag tue ich das, worum mich so viele beneiden: Ich gehe fliegen.
Für den Krimi gibts Mediatheken, für die Sportresultate Söhne, Dispatcher und gute Feen, die mich auf dem Laufenden halten. Kein Grund zur Klage also.

Die Gattin – ebenfalls eine gute Fee (die Beste!) – fährt mich am Vormittag an den Flughafen. Im Vorfeld der Feiertage wurden übervolle Parkhäuser angedroht. Ein Ärgernis. Also lasse ich mich chauffieren. In weiser Voraussicht.
Nach Chicago soll’s heute gehen. Frisch geduscht und uniform gewandet, den Koffer ordentlich gepackt, was um diese Jahreszeit eine knifflige Angelegenheit ist: bläst der Wind noch Schneeflocken durch die Strassen oder lassen frühlingshafte Sonnenstrahlen bereits erste Knospen spriessen? Warm oder kalt, feucht oder trocken, über- oder unternull? Am besten ich packe ein bisschen Winter und Frühling in den Koffer. Bringt übrigens den Vorteil, dass weniger Platz für unnütze Einkäufe bleibt. So gerate ich gar nicht erst in Versuchung.

Kaum habe ich das Ops betreten, begegne ich jenem Kollegen, der Toni, mich und unsere Frauen einst, im Mai 2006, auf dem letzten Flug vor der Abreise nach Abu Dhabi begleitete. Liegt diese Rotation nach Los Angeles wirklich schon sechs Jahre zurück? Wo ist die Zeit nur geblieben...?
Aus dem damaligen Copi ist ein strammer Kapitän im Nebenamt geworden. Hauptsächlich wandelt der Kollege nämlich in der Wandelhalle des Bundeshauses. Als Politiker und Nationalrat kümmert er sich um die Beschaffung von Kampfflugzeugen oder um schwindende Geheimnisse unserer Banken. Da kann man eigentlich nur verlieren. Er grinst trotzdem und streckt mir die Hand entgegen. Lange haben wir uns nicht mehr gesehen. Der letzte Handshake, er muss vor sechs Jahren gewesen sein. Ob ich eines Tages vielleicht angeben kann, mit einem Bundesrat als Copi an meiner Seite nach L.A geflogen zu sein...?

In der Garderobe schnappe ich mir Hut und Jacket aus dem Kasten, dann logge ich am Computerterminal ein. Das System quittiert mit „You are successfully checked in“. Auf dem Weg zur Kaffeemaschine bleibe ich bei drei fachsimpelnden Kollegen hängen. Auch sie sind vor langer Zeit aus dem Copi-Dornröschenschlaf erwacht. Heute wirken sie als Fluglehrer, Cheffluglehrer oder Chief Examiner der Swiss. Mit zwei von ihnen war ich vor Jahren unterwegs. Sie sassen artig zu meiner Rechten und taten wie geheissen. Der dritte war Fliegerschüler, als ich den Leutnant abverdiente. Allesamt hoffnungsvolle Jungpiloten mit schlummernden Ambitionen. Die Zeit schraubt an vielen Rädern. An grossen wie an kleinen. Macht junge Krieger zu grossen Helden, und Grünschnäbel zu alten Hasen.  

Die Generationen wechseln sanft und über lange Zeit kaum spürbar. Bis uns eines Tages die Erkenntnis wachrüttelt, dem über Jahre verinnerlichten Lebensbild entwachsen zu sein. Ähnlich wie bei einem Anflug unter turbulenten Wetterbedingungen, sind Korrekturen gefragt. Sonst droht die Übung zu scheitern.
Sprösslinge von Kollegen aus der Fliegerschule haben sich mittlerweile in den Cockpits sämtlicher Airbustypen eingenistet. Eine junge Garde mit ehrgeizigen Visionen. Viele Copiloten von gemeinsamen Flügen aus früheren Zeiten beginnen im Verlauf der kommenden Monate ihre Kapitänsausbildung. Und bald schon werden auf dem rechten Sitz mehrheitlich Kollegen wirken, deren Ideale näher bei jenen meiner Kinder liegen als bei den meinigen. Dies alles tut der Freude an der Fliegerei jedoch keinen Abbruch. Das Teamwork im Cockpit verliert nichts von seiner Qualität. Im Gegenteil – immer mehr geraten die alten Leiden in den Hintergrund und es beginnt sich eine wohltuende Aufbruchstimmung breitzumachen.

Und zu guter Letzt begegne ich bei meiner Arbeit ab und an auch dem eigenen Sohn. Heute beispielsweise ist er am Gate für die Abfertigung unseres Chicago-Fluges zuständig. Ich gehe hoch zum Schalter und muss schmunzeln, als ich Tim in seiner Uniform hinter der Computer-Tastatur sitzen sehe. Er diskutiert mit Passagieren, drückt Tasten, kontrolliert den Bildschirm. Die Economy ist überbucht. Dennoch laufen die Vorbereitungen rund. Am Schluss finden alle in der langen Röhre Platz und wir werden pünktlich vom Traktor zurückgestossen.
Irgendwann, über der Südspitze Grönlands, wir geniessen gerade eine traumhafte Sicht auf Eis und Schnee, erhalten wir vom Dispatch in Zürich die Meldung, dass die Berner Bären die Zürcher Löwen besiegt haben. So denn halt. Chicago rückt langsam näher. Noch rund fünf Stunden. Die Zeiten ändern, politische Grenzen verschieben sich, doch Städte werden darob nicht verrückt. Und das ist gut so. Zumindest für uns Piloten.  




 Südspitze Grönlands aus 36000 Fuss

Saturday, April 7, 2012

One moment in time




Das Herz flattert, die Blase drückt. 
Instinkt, Gespür, Eingebung – ich weiss es nicht. Aber gewisse Zahlen kann man einfach nicht übersehen...

...doch was gestern war, ist heute bereits wieder Vergangenheit...

Thursday, April 5, 2012

Sprung-Sitz

Das wertvollste Gut des Kapitäns ist seine Macht. Und das Schöne an der Macht ist die Willkür.

Was in der Familie und im Flugfunk (!) nur bedingt Gültigkeit hat, greift dafür bei vollen Fliegern und attraktiven – nein, nicht Flight Attendants! – Destinationen umso mehr. Dann nämlich, wenn Kollegen oder Kolleginnen einen Jumpseat benötigen, ansonsten ihre Reisepläne zu scheitern drohen. Dieses traumatisierende Gefühl der Hilflosigkeit kennen alle, die nicht gebucht bei voll gebuchtem Flugzeug unterwegs waren.
Standby-Tickets sind nichts anderes als Bestandteil des Salärs. Sie werden oft und gerne genutzt, erweisen sich jedoch seit aviatischen Urzeiten als Quell der Frustration, und so mancher spontane Kurztrip fand sein frühes Ende bereits vor dem Check-In Schalter oder am Abflug-Gate nach refusiertem Boarding.

In der Not frisst der Teufel Fliegen... oder der Airliner reist eben auf dem Jumpseat.
So unbequem wie unbefriedigend zwar, dafür in der Hoffnung, vor Ablauf der Ferien oder vor Wiederaufnahme der Erwerbsttätigkeit an die gewünschte Destination oder an den Heimatflughafen zu gelangen. Doch auch für den harten Klappsitz gibts keinen Garantieschein, denn die Anzahl ist limitiert; Je nach Umfang der arbeitenden Besatzung stehen Zivilreisenden insgesamt zwei bis vier Jumpseats zur Verfügung. Die einen in der Kabine, die anderen im Cockpit. Doch wenn der Flieger überläuft darf man davon ausgehen, dass auch andere auf den Klappschemel aspirieren. Neben Bangkok und HongKong ist New York äusserst begehrt. Ein Dauerbrenner. Zum extravaganten Einkaufsbummel an die Fifth Avenue. Warum eigentlich nicht? Wo doch alles so grauslig teuer ist in der Schweiz.

Wer einen Jumpseat wünscht, wendet sich in der Regel an den Kapitän. Timing ist alles und so erhalte ich regelmässig Anfragen für Flüge, die erst in drei Wochen stattfinden. In der Regel per Email, manchmal via SMS, selten landet eine geschriebene Karte (ja, das gibt es immer noch!) in meinem internen Postfach. Stets nett formuliert, mit einem Hauch von schlechtem Gewissen, manchmal mit dem generösen Angebot, bei Bedarf in der Bordküche mitzuhelfen. Ich antworte immer, verzichte vor dem Abflugtag jedoch auf konkrete Versprechungen. Man weiss ja nie. Manchmal, an Feiertagen oder bei besonders reizvollen Destinationen, werden Besatzungsmitglieder von Ehefrauen, -männern, anderen PartnerInnen, Erbtanten, Cousins oder Schlagersängern begleitet, was die Chance für Aussenstehende natürlich weiter schmälert. Denn BegleiterInnen der Crew geniessen immer Priorität bei der Vergabe der „Sprung-Sitze“. Schliesslich freut sich niemand, seiner gestrandeten Freundin beim Pushback durchs Cockpitfenster zuzuwinken...

Die Vergabe der Jumpseats liegt also in der Macht des Kapitäns, der willkürlich und, losgelöst von sämtlichen Zwängen der Seniorität, zuordnen kann. Er allein verfügt über diese Kompetenz. Nicht selten spricht er sich dabei mit dem Maître de Cabine ab. Denn es ist die Cabin Crew, die über lang gestreckte Beine beim Galley stolpert oder bei nächtlichen Diskussionen belauscht wird.
Manchmal fragen auch Kollegen für Kollegen von Kollegen. Das Geschäft mit den Jumpseats zieht weite Kreise. Doch es bleibt eines unserer letzten Privilegien, und es gilt diese sorgsam zu hüten. Als wär's das letzte Schäflein auf der Weide.
Nicht alle Airlines erweisen sich so tolerant wie die Swiss! Dies sei hier, der Vollständigkeit und der Fairness halber, ebenfalls erwähnt! Bei Etihad schaffte die britisch-australische Managertruppe innert weniger Jahre die Jumpseat-Pfründe ab. Einzig fürs fliegende Personal sind Klappsitze noch erlaubt. Und nur in der Economy-Class. Keine Gattinnen oder Kinder. Auch die begüterte Erbtante bleibt oder bliebe dann halt bei voller Maschine in Manila stehen. Oder in Kuala Lumpur. Oder vielleicht auch in Genf.

Ach ja. Dann war da noch jener pensionierte Kollege, der eine Jumpseat-Bewilligung für einen Flug erbat, den ich auch nach längerem Suchen nicht in meinem Einsatz fand. Ein Hellseher? Mitnichten. Mein Einsatz blieb unverändert und ich wies den Suchenden, höflich grüssend, weiter.
Nun überlege ich mir, für die intensiven Reisemonate des Sommers eine persönliche Assistentin zur Bewältigung aller Requests anzustellen. Temporär, rein vorübergehend. Ideal wäre jemand aus der Familie, weil stets in der Nähe und kostenneutral. Doch die Ehefrau winkt ebenso ab wie die Letztgeborene. Den Sohn wage ich schon gar nicht zu fragen. Ich verstehe sie nur zu gut.

Vielleicht eine Studentin. Oder ein Flight Attendant mit TZV.
Selbstverständlich hätte sie den nächsten Jumpseat-Wunsch auf sicher, Inshallah...

Thursday, March 29, 2012

Das hatten wir doch schon einmal...

Auf Sutter folgt Dosé. Eine bekannte Abfolge, mit dem unwesentlichen Unterschied nur, eines einzigen Buchstabens. Aber letztlich spielt ein „t“ mehr oder weniger keine Rolle. Entscheidender müsste eigentlich die Fachkenntnis des neuen Chefs sein.
Im Fussball, so lehren uns hitzige Diskussionen immer wieder, darf ein jeder Experte sein. Also auch der Tausendsassa-CEO, der sein Talent ja bereits vor Jahren in Basel, Zürich und Arabien unter Beweis gestellt hat.
Zukünftig befasst sich Dosé also nicht mehr mit Fliegenden sondern mit Hüpfenden. Sie tun dies vorwiegend auf Gras. Geflogen wird nur in Ausnahmefällen, etwa bei ungenügenden Leistungen. Dann allerdings nicht mit dem Flieger. Und keinesfalls erste Klasse. Ansonsten kann man das Ganze noch dem Trainer in die Adiletten schieben. Ein klitzekleines bisschen Verantwortung wird er wohl noch übernehmen.
Bei GC gibt es im Grunde genommen nicht mehr viel zu verlieren. Aus den einst erfolgreichen Hoppers sind müde Kriecher geworden,  
Und Niederhasli im schönen Zürcher Unterland hat zweifellos auch seine Reize. Bescheidener zwar als Bahrain oder Basel, aber bei 8500 Einwohnern darf man getrost mit der kleineren Kelle anrichten. Im Gemeinderat wie in der Beiz.

Eigentlich wälze ich heute Mittag, auf der Rückfahrt vom Flughafen, andere Gedanken als die Rochade im GC-Vorstand. Vor Stundenfrist erst aus New York kommend gelandet, versuche ich meinen Aktivitätsstatus zu drosseln. Wie immer nach solchen Flügen verschmelzen Eindrücke und Gesichter der letzten beiden Tage in meinem Kopf zu obstrusen Gebilden. Die Müdigkeit der schlaflosen Nacht macht mich träge.
Der Copi und ich wurden auf dieser Reise begleitet. Bei ihm war’s der Cousin, dem der Sinn bei seinem ersten Besuch im Big Apple nach Sightseeing stand. Bei mir das TWR Mädel, die jedoch die Beobachtungen im Cockpit über alles stellte.
Mit der Einreise taten sie die Beiden schwer und strauchelten bereits an der ersten Hürde, der Immigration. Sie positionierten sich in der Menge der Wartenden derart (un)geschickt, dass sie auch noch am Warten waren, als das Swiss-Gepäckband schon lange leer und verwaist seine Runden drehte.

Es kam aber dann doch noch alles gut. Heute Morgen, beim Anflug in Zürich überholten wir, mit einem Hauch schlechten Gewissens, sogar den dümpelnden Kollegen nff. Unser märchenhaftes Glück mag an der Lotsenfee, am holden Minnesänger oder am blonden Engel Maria gelegen haben. Der Datenschutz verbietet mir in diesem Fall die Veröffentlichung weiterer Details. Vielleicht, wer weiss, werde ich eines Tages in der Lage sein, den Schleier zu lüften.

Die Grashoppers sind mir in diesem Punkt einen gewichtigen Schritt voraus. Sie haben getan und gesagt, was getan und gesagt werden darf. Oder werden kann. Oder vor (vielleicht) längerer Zeit auch getan und gesagt hätte werden müssen.

Aber was weiss ich armer Träumer denn schon. Schliesslich bin ich Pilot und nicht Fussballfachmann...

Monday, March 26, 2012

Familiäres

Offenbar erweist es sich als schwierig, sämtliche Geheimnisse des Navigationscomputers zu ergründen. Beruhigend ist immerhin, dass ich dabei nicht der Einzige zu sein scheine, der Probleme bekundet.

Da wende ich mich doch lieber den einfacheren, weniger belastenden Dingen dieses Lebens zu: Der Familie beispielsweise. Hochkomplex zwar in Sachen Kommunikation und Konfliktprävention, letztlich aber immer wieder erfrischend weil ungekünstelt echt und in der Regel virenfrei. Und die zentrale Frage lautet nicht einfach „True“ oder „Magnetic“. Die Diskussion geht tiefer: Von „False“ , „True“ und „Very true“ über "Politically incorrect" bis hin zu „Extremely true“!

Der Sohn hat sich vor Wochenfrist nach Vancouver abgesetzt, um seine Schwester – und einige Schulkollegen aus Abu Dhabi Zeiten – zu besuchen. Die Anreise verlief nicht ohne Probleme und hat ihn die Tücken der „Standby-Fliegerei“ gnadenlos spüren lassen. Das erste Teilstück nach San Francisco klappte zwar ausgezeichnet, doch, erst einmal amerikanischen Boden unter den Füssen, geriet die Reise so erbärmlich ins Stottern wie ein Ottomotor mit verschlissenen Zündkerzen.
Übel war’s. Um nicht zu sagen chaotisch. Er scheiterte beim letzten Anschlussflug an diesem Tag nach Vancouver und musste durch verschmutzte Flughafenscheiben mitansehen, wie der United Airlines Airbus ohne ihn zur Piste rollte.

Nach einer kurzen Nacht in einem Airporthotel checkte er um fünf Uhr in der Früh an der Rezeption aus und wenig später am Flughafen ein. Im Bewusstsein, dass die ausgebuchten Maschinen nicht viel Hoffnung auf eine baldige Weiterreise verhiessen.
Doch Air Canada hatte ein Einsehen und erbarmte sich des jungen Mannes, so dass er noch vor der Mittagsstunde sein Ziel erreichte.
„Nie mehr via San Francisco!“, resumierte Tim nach seiner Ankunft bei der Schwester, wo er die Nächte seiner Ferien, wenig komfortabel aber günstig, in ihrem kleinen Zimmer auf einer Luftmatratze am Boden verbringt und froh ist, wenn sie ihm jeweils am Morgen, beim Aufbruch zum Tageswerk, nicht auf die Füsse oder andere heikle Körperteile tritt.

Konzertbesuche, unter anderem von Künstlern, deren Namen bei der Elternschaft Assoziationen an Kampfhunde wecken, sorgen für stimmigen Feriengroove. Schon eher nachvollziehen können wir des Sohnes ungezügelte Begeisterung über einen Skitag in Whistler. „Most amazing“ soll’s gewesen sein. Bei wolkenlosem Himmel und mit ununterbrochenem Sonnenschein, berichtet er und unterlegt mit entsprechendem Fotomaterial.

Derweil die Tochter, seine Schwester, für eine weitere Lipdub-Produktion der Uni tanzt (studieren die auch zwischendurch...?) und daneben nach einem Zimmer für’s kommende Studienjahr sucht. Die Uni garantiert lediglich für Studenten im ersten Jahr eine Unterkunft auf dem Campus. Nur wer viel Glück hat, behält sein Gastrecht auch danach. Die Zuteilung erfolgt über ein Lotteriesystem. Bei Linda hat es leider nicht geklappt. Und ihr aktuelles Wartelisten-Ranking von 1155 stimmt uns wenig optimistisch. Die Ausgangslage führt zu knisternden Diskussionen am Skype, womit wir wieder beim eingangs erwähnten Thema innerfamiliäre „Konfliktprävention“wären.

Zusammen mit einer Freundin ist sie also auf der Suche nach einer geeigneten Kleinwohnung. Bislang ohne Erfolg. In Abu Dhabi liefen diese Dinge einfacher. Noch bleiben einige Wochen bis zum Semesterende am 23. April.

Wir drücken die Daumen. Und warten gespannt.   

Friday, March 23, 2012

Was ist hier falsch...?

Eigentlich hatte ich die Absicht, einen Post zu einem anderen Thema der Aviatik zu verfassen. Bis ich heute Nacht, auf dem Rückweg von New York, plötzlich stutzig wurde. Das wird nicht alle gleichermassen begeistern, denn nun wird’s halt etwas fachidiotisch.

Zuerst mache ich meine Müdigkeit verantwortlich. Später vermute ich eine weitere Kenntnislücke. Grund für die Stirnfalten, die bis zur Stunde anhalten, ist unser Navigationscomputer der Entwicklergruppe Thales and Smiths Aerospace.
Bei der Programmierung der Standlinien vom ETP (Equivalent Time Point) zu den ETOPS (Extended-range Twin-engine Operational Performance Standards)-Ausweichplätzen fällt mir eine Besonderheit auf, die möglicherweise, so schwant mir, gar keine ist. Vielleicht gehe ich von einer falschen Annahme aus, doch eine logische Erklärung finde ich beim besten aller Willen nicht. Ob es doch am Nachtflug liegt? Auch ein zaghaftes Nachfragen beim Copi fördert keinen brauchbaren Ansatz zutage. Wahrscheinlich werden erst skypointer oder G! Licht ins Dunkel bringen. Vielleicht kann auch nff helfen. Wenn er denn nicht gerade im Engadin Schüümli-Pflüümli trinkt, kurz mal langläuft oder philosophische Betrachtungen zur Schneeschmelze anstellt. Vom TWR Mädel erwarte ich mir in diesem Fall keine Hilfe. Sie hat ihre Schuldigkeit erfüllt. Das Vectoring heute morgen war dermassen smooth und direkt, dass des Copiloten linke Hand mindestens so lange am Speedbrake-Hebel verharrte wie die rechte später für die Landung am Sidestick.  

Doch worum geht es denn nun eigentlich...?

Der Navigationscomputer bietet die Möglichkeit, für zwei selektierte Punkte – in der Regel handelt es sich um mögliche Ausweichplätze - einen ETP (Equal Time Point) zu rechnen. Auf dem FMS-Display, das bei Airbus (Vive la France!) MCDU (Multipurpose Control and Display Units) genannt wird, sind die Kursangaben und Distanzen von der aktuellen Flugzeugposition oder von den ETP’s zu den beiden Flughäfen ersichtlich. Da unsere Kompasssysteme auf Magnetisch Nord ausgerichtet sind, beziehen sich die angezeigten Werte logischerweise auf diese Referenz. Mit einem Knopfdruck besteht die Möglichkeit, sämtliche Systeme auf „True Nord“ umzustellen, was dann jeweils mit dem Buchstaben „T“ angezeigt wird. Die Kursangabe ändert entsprechend zur aktuellen Variation.
Mit einer Ausnahme: Das Bearing vom ETP zu den Alternates bleibt – ob true oder magnetisch - gleich. Gewollt oder ungewollt? Sinnvoll scheint das auf jeden Fall nicht, denn das „T“ hinter der Kursangabe lässt annehmen, dass die Referenz geändert hat.   

Was ist hier bloss falsch...?

Magnetic Nord Reference

True Nord Reference